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CONFLICTO COLOMBIANO - Page 28

  • Die Korruption - von der Normalitaet zur Anormalitaet fur Doblecero

    Die politische Mitte Kolumbiens distanziert sich sowohl von der extremen Rechten, als auch der revolutionaeren Linken und versucht nationale Interessen zu wahren, welche sich nicht zuletzt gegen den Hegemonieanspruch der USA wenden. Diese Position hat sie mit der Linken Kolumbiens gemein, wenn auch deren Strategie zur Wahrung nationaler Interessen von dialektischer Natur sind und den Klassenkonflikt nicht ausser acht lassen.

    Deshalb sind ohne Kenntnis des Verfassers, viele Texte nicht klar in politische Stroemungen einzuordnen, da die reine Nennung politischer und wirtschaftlicher Tatsachen, keine genaue Zuordnung zulaesst. Dieser Umstand fuehrt zur weiteren Verwirrung in dem ohnehin komplizierten Konflikt.

    Dieser Text ist ein interessantes Dokument, da es die Verwicklung des Drogenhandels mit der Regierung Kolumbiens beschreibt. Es stammt von einer paramilitaerischen Organisation, der "Bloque Metro", welche mit dem "Bloque Nutibar" konkuriert. "Bloque Metro" zahlt Schutzgelder an die Armee, ein Umstand der klar macht, wie gewalttaetig Konflikte innerhalb paramilitaerischer Strukturen ausgetragen werden.

    Auch bestaetigen diese Zahlungen, Verbindungen paramilitaerischer Strukturen zum Militaer, welche von Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch bestaetigt werden. Mediale Strategie dieser Gruppe ist es, sich eine Basis aus der politischen Mitte zu sichern.
    Gleichwohl gibt dieser Text einen interessanten Einblick in interne Machtkaempfe paramilitaerischer Gruppen.


    AUTODEFENSAS CAMPESINAS – BLOQUE METRO


    Die Korruption - von der Normalitaet zur Anormalitaet

    Die Voelker, die ihre Geschichte nicht kennen sind dazu verurteilt, sie zu wiederholen.

    Wahrscheinlich wussten Sie das schon oder Sie ahnten es, wie ein Grossteil der Bewohner Medellíns. Einen kleinen Teil der Bewohner interessiert das nicht, oder sie meinen, dass die Sachen gut sind so wie sie sind; oder wie der Grossteil der Bewohner Medellíns, diejenigen, die zur Mittel- oder Unterschicht gehoeren oder die in den Armutsguerteln rings um die Stadt leben, die dies mit Resignation hinnehmen. Sie wissen, dass das Hinterfragen dieses Zustandes den Tod bedeuten kann, das Anzeigen bei den Behoerden dem Ruf nach dem Henker gleichkommt und haben sich deshalb entschlossen, wie gehabt weiterzumachen. …

    Die historische Unfaehigkeit und das Fehlen von Fuehrunsqualitaeten der regierenden politischen und oekonomischen Klasse zusammen mit ihrem Verstaendnis von Macht, die zugelassen haben, dass die politischen Gewohnheiten in Kolumbien als gemeinsamen Nenner Korruption und Vetternwirtschaft haben, die Aufteilung der Buerokratie und der Vertraege mit dem Staat, als ob diese eine Beute waeren, haben zur Entwicklung der kolumbianischen Krise gefuehrt und zu ihrer Verschaerfung bis zu dem Punkt, an dem wir heute stehen. Als ob dies noch nicht genug waere, haben sich Phaenomene wie der Drogenhandel entwickelt, die die Spirale von Gewalt und Korruption verstaerken und unsere Gesellschaft nach unten ziehen. Dank des Drogenhandels bluehen auch Phaenomene wie die Guerrilla, die in diesem Zustand Stoff fuer Reden und Rechtfertigungen findet und diese Anarchie ausnutzt, um ein Projekt der Machtergreifung durchzufuehren mittels Gewalt und Zerstoerung.

    Schon in den 80er Jahren, dank der historischen Vernachlaessigung des kolumbianischen Agrarsektors durch einen Teil der herrschenden Klasse und dank der Gewalt der Guerrilla, existierte in unserer Stadt eine grosse Zahl von vertriebenen Landsleuten und es bildeten sich, was wir heute als Comunas bezeichnen. In dieser Epoche fing der Drogenhandel an und mit ihm trat eine neue Klasse von Personen in das nationale Leben; Personen, die angesichts fehlender Moeglichkeiten im Drogenhandel, in der Korruption und in der Gewalt eine Moeglichkeit des sozialen Aufstiegs entdeckten. Ausserdem erlaubte er ihnen, eine Art psychologischen Revanchismus gegen die Gesellschaft zu finden, die die Bedingungen ihrer Existenz hervorrief. Das sind die sogenannten Narcos. ...

    Wir alle erinnern uns an Persoenlichkeiten wie El Mejicano, die Brueder Ochoa und Pablo Escobar, dem wir den Grossteil der Probleme verdanken, die heute in den Comunas existieren. Pablo Escobar, eine aeusserst geschickte und intelligente Person, entdeckte schnell, dass die Lebensbedingungen in den Comunas, wo Ungerechtigkeit, Armut und Ignoranz die gemeinsamen Nenner waren, ideal fuer die Rekrutierung seiner Armee waren. Dies wuerde ihm die militaerische Macht geben, die er brauchte, da er mit der Verschickung von Tausenden Kilo Kokain ins Ausland schon ein Vermoegen gemacht hatte. Auf diese Weise exportierte er einen kleinen Teil der Armut und der Ungerechtigkeit, die laut Pablo Escobar die Kolumbianer durch die Schuld der US-Amerikaner erlitten und liess sie die Gewalt und das Leiden spueren in Form der Drogenabhaengigkeit ihrer Soehne und der Jugendlichen im Ausland.
    Dieses Vermoegen hatte ihm schon erlaubt, die politische Klasse Kolumbiens zu kaufen, sogar Kongressabgeordneter zu werden und sich mit Praesidenten und Expraesidenten zu duzen.
    Da aber gluecklicherweise nicht alle Kolumbianer kaeuflich waren und Stimmen gegen die Narkotisierung der Politik laut wurden, die sich eisern gegen die Projekte Pablo Escobars aussprachen, brauchte Pablo die Jugendlichen der Comunas von Medellín. Er wusste, dass dort der Naehrboden fuer Ressentiments, fuer sozialen Ausschluss lagen, und dass die Jugendlichen aufgrund der sozio-oekonomischen Bedingungen Anerkennung und sozialen Aufstieg suchten. Daraus entstand die Kultur des sicariato (Auftragsmorde) und die Ersetzung der traditionellen moralischen Werte durch andere von Pablo und dem Drogenhandel aufgezwungene. Diese Jugendlichen wurden durch Pablo und die Umstaende zu Terroristen und sie wurden benutzt, um die Gegner von Pablo und dem Drogenhandel zu ermorden. … Dank dieser Morde gelang es Pablo, zeitweise den Staat und die kolumbianische Gesellschaft bis zu dem Punkt zu beugen, dass Gesetze nach Lust und Laune Pablos reformiert wurden; er wurde in einem Luxus-Gefaengnis untergebracht, dass er nach Lust und Laune verliess. Bis er den Fehler begang, ein paar seiner Verbuendeten und Komplizen im Gefaengnis „La Catedral“ zu ermorden. Damit begann der Niedergang des Imperiums von Escobar und der Aufstieg anderer Imperien.

    „El negro Galeano“, einer der Gruppe der Auslieferungskandidaten und Komplize von Escobar, war eines der Opfer des Massakers von „La Catedral“. An jenem Tag begleitete ihn Ñato Berna oder Bernardo, einer seiner Vertrauensleute nicht zum Treffen, weil er den Auftrag hatte, die Ehefrau seines Chefs zum Schoenheitssalon zu begleiten. Nach dem Massaker forderte Escobar die Angestellten der Ermordeten auf, vor ihm zu erscheinen und ihm die Verstecke und den Besitz der Ermordeten zu uebergeben. Ñato Berna weigerte sich und machte sich in Itagui (einem Munizip im Sueden Medellíns) stark, wo El negro Galeano exzellente Beziehungen zur Polizei gehabt hatte. …

    Ñato Berna uebernahm schnell die Fuehrung seiner Organisation. Nach der anfaenglichen Gewalt aenderte sich die Lage. Pablo musste aus seinem Hotel fliehen und es wurde ein Suchkommando gebildet, um ihn wieder einzufangen. Ñato Berna, geboren und aufgewachsen in Cartago, Valle del Cauca, nahm schnell Kontakt zum Kartell des Nordens des Valle auf und erklaerte ihnen die Situation. Diese wiederum brachten ihn in Kontakt mit ihren Geschaeftskollegen des Kartells von Cali und nach wenigen Tagen koordinierte Ñato Berna Operationen gegen das Kartell von Medellín zusammen mit Polizei und DAS.
    Spaeter bildeten sich die „Pepes“, eine Kombination der Kartelle von Cali, Norden des Valle, dem Rest des Kartells von Medellín mit Ñato Berna an der Spitze, der Polizei von Medellín und der Contraguerrilla von Fidel Castaño.

    Dieser adhoc gebildeten Organisation, die voellig irregulaere Methoden benutzte gelang es, die terroristische Maschinerie von Pablo Escobar zu zerstoeren und ihn zu ermorden. Danach war wieder jeder mit sich selbst beschaeftigt. Ñato Berna stieg zum authentischen Nachfolger von Pablo Escobar auf. Berna musste nicht von vorn anfangen. Er brauchte nur das Schema Escobars zu kopieren, einige seiner Fehler vermeiden, sich zum Freund der Polizei machen und ein System monatlicher Zahlungen einrichten, damit diese beide Augen zudrueckte. Warum werden, was man kaufen kann; wozu Abgeordneter werden, wenn ein paar von ihnen gekauft werden koennen und mit den restlichen Koalitionen moeglich sind?

    Und er versuchte, keine Aufmerksamkeit zu erregen. Als die Zeitschrift Cambio 16 in einem Artikel Ñato Berna als Nachfolger von Pablo Escobar erwaehnte, befahl der seinen Leuten, alle Zeitschriften, die sie in Buchhandlungen und Verkaufstaenden in Medellín finden konnten einzusammeln. Da damals das Internet noch nicht existierte, kannte kaum jemand in Medellín diese Ausgabe … .

    Ñato Berna lebte zufrieden in Medellín, bis seine Geschaeftskollegen von Cali und dem Norden des Valle zu Feinden wurden und in Medellín der kurz zuvor geflohene Drogenhaendler José Santacruz vom Cali-Kartell tot aufgefunden wurde.

    So fing die Auseinandersetzung zwischen dem Cali-Kartell und dem des Nordens des Valle an. Seit dem Tod von Pablo Escobar dachten einige Mitglieder des Kartells des Nordens des Valle, dass es der beste Moment waere, um sich mit der Regierung zu arrangieren, die sehr dankbar fuer die „Zusammenarbeit“ in der Kampagne gegen das Medellín-Kartell war. Es war die Gelegenheit sich zurueckzuziehen, alles zu legalisieren und sich dem guten Leben zu widmen. Diejenigen des Cali-Kartells betrachteten dies als Verrat, sie meinten, es fehlte noch viel fuer einen sicheren und gluecklichen Rueckzug…. Ausserdem gab es gewisse persoenliche Streitigkeiten wegen Frauen, Eifersuechteleien, verletzter Stolz, etc..
    Die Mitglieder des Cali-Kartells setzten darauf, einen Praesidenten aus ihren Reihen zu stellen; die des Kartells des Nordens meinten dagegen, besser ein niedrigeres Profil wahren und die Macht aus dem Hinterstuebchen managen. Die Diskrepanzen der beiden Kartelle setzten sich im Schosse der Nationalen Polizei fort, wo einige sich mit dem einen Kartell verbuendeten, andere mit dem anderen Kartell. So war es moeglich, dass die „Narco-Kassetten“ gefunden werden konnten, die die Anhaenger des Nord-Kartells dem damaligen Praesidentschaftskandidaten Pastrana uebergaben. Kassetten die bewiesen, dass der damalige Praesident Samper auf der Gehaltsliste des Cali-Kartells stand… .
    Samper blieb nichts weiter uebrig als das Cali-Kartell mit Hilfe der besten Polizisten der Welt auseinanderzunehmen; diese besten Polizisten standen zur gleichen Zeit im Dienst des Nord-Kartells. Die US-Amerikaner lobten Serrano als besten Polizisten der Welt, sie wussten jedoch nicht welcher Welt….

    Mit dem Tod von Santacruz wusste Ñato Berna, dass er offen Partei genommen hatte und dass er fuer diesen Tod verantwortlich gemacht werden wuerde. Er entschloss sich nach Urabá zu fluechten, in das Territorium von Carlos Castaño. Dort entdeckte er nach kurzer Zeit, dass in diesem Land nicht nur Fussballspieler, sondern auch Polizisten und Politiker kaeuflich waren.

    Unterdessen blieb Medellín in seiner Hand mittels der Kontrolle, die er ueber die Drogenhaendler ausuebte, mittels der „oficina“ („Buero“ fuer Auftragsmorde) und seines bewaffneten Armes, der gefuerchteten Bande „La Terraza“. Diese Bande hatte er von Pablo Escobar geerbt und sie kontrollierte die restlichen Banden von Medellín durch Terror. Ihr Chef hieß Elkin Sánchez Mena. Ihn kontrollierte Ñato Berna durch seine Delegierten, zwei in der nordoestlichen Comuna von Medellín als Fabio Orión und Careguallo oder „El Pastuso“ bekannte Ex-Polizisten. Die beiden waren die Mittelsmaenner zwischen „La Terraza“ und Ñato Berna. Sie zogen die Ñato Berna zustehenden Zahlungen ein fuer die Erlaubnis an die Bande „La Terraza“, spektakulaere Ueberfaelle auf Banken, Einkaufszentren, Geldtransporte, etc. durchzufuehren. Sie waren ebenso fuer viele Auftragsmorde in Kolumbien verantwortlich, wie sie spaeter selbst einem regionalen Nachrichtensender erzaehlten.

    Unterdessen waren die Comunas von Medellín Niemandsland. Die Guerrilla hatte in den meisten die territoriale Kontrolle uebernommen und in den uebrigen bewegten sich unzaehlige Jugendbanden zwischen Drogenabhaengigkeit und der Angst vor der perspektivlosen Zukunft, vor Arbeitslosigkeit, Hunger und Armut. Delinquenz und Gewalt funktionierten als Ventile, alle gegen alle ohne logischen Grund.
    Das war es, was wir als Bloque Metro beobachteten und deshalb entschlossen wir uns, in den Barrios aktiv zu werden und einen Prozess der politischen Bewusstseinsarbeit einzuleiten, der die Jugendlichen dazu befaehigen wuerde, zu Protagonisten ihrer Zukunft zu werden, nach Alternativen zu suchen und beim Staat ihre Rechte einzufordern, damit in der Stadt soziale Investitionen getaetigt werden wuerden und die politische Klasse sich nicht mittels der allgemein verbreiteten Korruption die Gelder aneigne.

    Anfaenglich waren diese Prozesse sehr erfolgreich und die Auseinandersetzungen zwischen den Jugendlichen der Comunas hoerten auf. Die Bewusstseinsarbeit ueber die nationale Realitaet und ueber die Loesungssuche machte Fortschritte.

    Gleichzeitig entwickelte sich der Drogenhandel. Ñato Berna investierte seine Millionengewinne in Tausende von Hektar des besten Landes im Valle de Sinú. Mit der Bezahlung von ganzen Bloecken der Autodefensas konnte er seine Latifundien und seine Geschaefte verteidigen. Er merkte, dass er damit Herr ueber alle Autodefensas werden koennte und vom Drogenhaendler zum angesehenen paramilitaerischen Kommandanten. Das gab ihm mehr Status und politische Legitimitaet mit Blick auf zukuenftigen Rueckzug und Legalisierung.

    Der Neger Elkin Sánchez Mena, Chef von „La Terraza“ fuehlte immer mehr Ressentiments angesichts dessen, dass seine Freunde der „oficinas“ von Envigado, Sabaneta, Itagui und La Estrella (Medellíns benachbarte Munizipien) relativ leicht zu viel Geld kamen, waehrend er und seine Bande diskrimiert wurde, weil sie aus den Comunas stammte und sich ihr Geld mit riskanten Ueberfaellen verdienen mussten. Und mit „heissen“ Auftraegen wie dem Mord an Staatsanwaelten, die sich nicht von Ñato Berna kaufen liessen.
    Das erzaehlte er Fabio Orión, und dieser erzaehlte es Ñato Berna. Letzterer half ihnen daraufhin mit einer Lieferung von Drogen fuer das Ausland. Alle Mitglieder von „La Terraza“ und den mit ihnen alliierten Banden verkauften ihre Motorraeder und Schmuckstuecke und trugen das Geld fuer den Kauf der Drogen zusammen. Die Verschickung war erfolgreich. Nach 2 Monaten erhielt jeder die eingesetzte Summe multipliziert mit drei. Es gab Feste in Manrique und in fast der gesamten nordoestlichen Comuna. Endlich erkannte Ñato Berna sie als wichtig an.

    Aber Elkin Sánchez war ehrgeizig und nach ein paar Monaten forderte er Fabio Orión auf, Ñato Berna mitzuteilen, dass das Geld alle war und dass er nicht betteln gehen wuerde, um Limonade trinken zu koennen. Orión reiste nach Urabá und erklaerte Ñato Berna die Situation. „La Terraza“ entglitt ihrer Kontrolle und forderten die direkte Kontrolle ueber eine Route des Drogenhandels und eine eigene „oficina“.
    Ñato Berna wusste, dass im Drogenhandel, in der Gewaltausuebung und in der Korruption die Macht total sein muss und dass man keine Nebenchefs hochkommen lassen sollte. Ñato Berna liess Elkin Sánchez mitteilen, dass er ihnen eine Route uebergeben wuerde, aber dass sie alles Geld zusammenbringen sollten, das sie auftreiben koennten fuer die Verschickung. Alles andere wuerden sie persoenlich bereden.
    In der Comuna begann wieder der Verkauf von Motorraedern, Autos, Schmuckstuecken und Ueberfaelle, um das Geld zusammenzubringen. Aber es kam nicht zur Verschickung. An dem Tag, als Elkin Sánchez mit allen seinen Vertrauensleuten nach Córdoba reiste, um das Geld zu uebergeben und die Details festzulegen, wurden sie in einem Hinterhalt ermordet.

    Fabio Orión uebernahm daraufhin die Kontrolle ueber den Rest von „La Terraza“. Ein paar, die sich verraten fuehlten und sich nicht in die neue Struktur eingliedern lassen wollten, wurden mitleidslos von der neuen Struktur und der Polizei von Medellín verfolgt und ermordet; nicht ohne vorher ihre Spur des Narcoterrorismus zu hinterlassen mit den Bomben im Einkaufszentrum El Tesoro und im Parque Lleras, die sie als Eigentum von Ñato Berna ansahen.

    Auf diese Weise verwandelt sich „La Terraza“ in eine neue Struktur, die das bei Ñato Berna und Fabio Orión in Urabá Gelernte in neuen politischen Strukturen umsetzt. Aber im Wesen bleiben sie, was sie waren. Es entsteht der Bloque Cacique Nutibara als eine politische, militaerische und wirtschaftliche Filiale des Drogenhandels.

    Ñato Berna verlor keine Zeit in Urabá. Nach und nach kaufte er das Gewissen der Kaeuflichen und plazierte seine Freunde des Kartells des Nordens des Valle in einflussreichen Stellen. So erlangte er die Kontrolle ueber den Bloque Pacífico, den Bloque Calima, ueber die Haelfte des Bloque Libertadores del Sur, ueber den Bloque Tolova und den Bloque Cacique Nutibara oder La Oficina (alles paramilitaerische Verbaende).
    Jeder einzelne dieser Bloecke hat eine klar definierte Aufgabe: der Bloque Calima soll seine Freunde im Norte del Valle beschuetzen; der Bloque Pacífico die Drogenhandelsrouten kontrollieren, die ausgehend von der Pazifikkueste zwischen Bahía Solano, Pizarro und Buenaventura nach Mexico oder Guatemala ausgerichtet sind; der Bloque Libertadores del Sur soll die gesamte in den Departamentos Putumayo und Nariño produzierte Coca entgegennehmen, um sie zu verarbeiten und durch den Panama-Kanal nach Europa oder Asien zu verschiffen; der Bloque Tolova soll die Coca-Kulturen im Sueden von Córdoba schuetzen, die Fabio Orión zusammen mit dem Buergermeister des Munizips Valencia, Mario Prada gehoeren und der Bloque Cacique Nutibara schliesslich soll jedweden linken oder rechten Oppositionellen aus Medellín vertreiben und die totale territoriale und politische Kontrolle ueber die Stadt gewinnen, um so letztendlich die Sicherheitsorgane des Staates kontrollieren zu koennen mittels Korruption, Einschuechterung oder politischer Kontrolle ziviler Autoritaeten. Damit sollen die Bedingungen geschaffen werden, dass Ñato Berna aus seinem „Exil“ in Córdoba zurueckkehren koennte.

    Ñato Berna hatte dieses Exil aus zwei Gruenden gewaehlt: zum einen wegen der Auseinandersetzungen mit dem Cali-Kartell, aus denen sie dank der Unterstuetzung der besten Polizisten der Welt als Gewinner hervorgingen; zum zweiten wegen der Auseinandersetzungen mit seinen Ex-Mitarbeitern von „La Terraza“, die sie mit Unterstuetzung der besten Polizisten Medellíns bekaempfen konnten. Dann kamen ihm auch noch die Terroristen von FARC und ELN, der Comuna 13 und San Cristobal in die Quere, die gewaltsam diese Sektoren eingenommen hatten und Don Ñato Berna in seinem strategischen Korridor stoerten. Diesen Korridor hatte er sorgfaeltig vorbereitet, um sich zwischen seinen Erholungsfincas in Sopetrán und Santa Fe de Antioquia zu bewegen; von diesen fincas konnte er per Hubschrauber oder Kleinflugzeug in den Norte del Valle und Sur de Córdoba fliegen oder nach Medellín.
    Fuer seine Sicherheit kaufte er vor kurzem fuer einige Millionen den Bloque Occidente und Bloque Suroeste der AUC. Deshalb nimmt in diesen Regionen der Coca-Anbau schnell zu.

    Ñato Berna merkte bald, dass der Bloque Metro sich in seine Angelegenheiten einmischte und dass unser Eindringen in die Comunas die Uebernahme seiner Macht bedeutete, welche in dem Masse abnahm, wie die Jugendlichen immer weniger gewillt waren, sich in den Dienst des Drogenhandels und der Auftragsmorde zu stellen.
    Die Situation in der Comuna 13 wurde unhaltbar. Nicht nur fuer die Autoritaeten, die keinen Zutritt hatten, sondern auch fuer ihre Bewohner, die von Guerrilleros und Milizionaeren einem Terror-Regime unterworfen wurden, das jegliche Mobilitaet der Bevoelkerung kontrollierten, das die Bewohner zwang, Guerrilleros zu beherbergen und zu verkoestigen. … Viele dieser Familien nutzten die konstanten Gefechte mit den staatlichen Sicherheitskraeften, um in die Sektoren von San Cristobal und Belén Aguas Frías zu fluechten, wo sich die Vorhut des Bloque Cacique Nutibara befand und den Treibstoff der Pipeline Medelllìn-Cartago raubten.
    Ihr Kommandant ist der „Neger Elkin“, ein reuiger Guerrillero des EPL, der zum Kommandanten aufgestiegen war, weil er in dreimonatigen Gefechten in den Barrios Paris und 12 de Octubredie die beruehmte „Bande von Frank“ zerschlug, unterstuetzt durch die Transporteure des Barrio Paris und die Polizei von Medellín. Kaempfe, die etliche Tote unter den Busfahrern und den Bandenmitgliedern zurueckliessen. Nach dem Sieg wurde die „Steuer“, die die „Bande von Frank“ von den Bewohnern verlangte, um die Haelfte verringert.
    Elkin holte von den desplazados (Vertriebenen), die in seine Sektoren kamen, alle Informationen ein und ueberzeugte sie, als Fuehrer und Informanten einer moeglichen Operation in der Comuna 13 zu dienen. Dasselbe passierte mit den Ueberlaeufern der Milizen, die auf die Versprechungen von finanzieller Belohnung hofften, die die Mitglieder des Bloque Cacique Nutibara an sichtbaren Stellen als Graffiti hinterliessen.
    Mit all diesen gesammelten Informationen nahm Fabio Orión Kontakt zu seinen Freunden von der Polizei auf und erklaerte ihnen, wie sie in einer gemeinsamen Operation die Comuna 13 erobern koennten, die Guerrilla vertreiben und wie allmaehlich der Bloque Cacique Nutibara die Kontrolle uebernehmen koennte, wie es dann tatsaechlich auch geschah. Anfangs sollte die Operation „Nutibara“ heissen. Das aber war zu offensichtlich, so dass sie „Operación Orión“ genannt wurde, zu Ehren Fabio Orións.
    Nach der Operation hat der Bloque Cacique Nutibara die Kontrolle in der Comuna 13 uebernommen. Fuer die Polizei ist das besser als vorher, da die neuen Milizionaere, die dieselben wie immer sind nur jetzt auf der anderen Seite stehen, die Polizisten nicht mehr angreifen, sondern ihnen nun die zustehenden Zahlungen zukommen lassen. Und die Polizei kann sich in der Zone wie nie zuvor bewegen. Fuer die Bewohner hat sich die Situation nicht sehr veraendert. Die neuen Chefs fangen an sich zu raechen oder stellen ihre willkuerlichen Regeln auf. Der einzige Unterschied ist, dass es keine Gefechte mehr gibt und auch keine Toten in den Strassen. Heutzutage werden Verdaechtige in Autos mitgenommen und nie mehr gesehen. Oder sie werden mit Messern ermordet, damit es wie ein Streit oder ein Ueberfall aussieht. So schaden sie dem Image von General Gallego nicht. Die Verschwundenen tauchen in den Statistiken nicht auf und Gallego kann den Erfolg seiner Operación Orión vorweisen.
    Wenn die Operation fuer Gallego ein Erfolg war, so war sie es umso mehr fuer Ñato Berna. Endlich konnte er sich und seinen Freunden von den AUC, wo sie ihn als Adolfo Paz kennen, beweisen, dass er ein Antisubversiver ist. Nach so vielen Jahren konnte er endlich rechtfertigen, weshalb er innerhalb der AUC den Posten eines Generalinspekteurs innehat.

    Nachdem die Kontrolle der Comuna 13 konsolidiert war, wurde die nordoestliche Comuna zum neuen Ziel. Dort hatten sie, nach gemeinsamen Operationen mit Polizei, Staatsanwaltschaft und DAS eine teilweise Kontrolle der Banden und Gruppen erreicht; dies auch mittels der Formel: entweder nimmst du Geld von mir und arbeitest fuer mich, oder wir erschiessen euch. Die Kontrolle fehlte ihnen nur noch in den Sektoren, wo politische und ideologische Kriterien stark waren.

    Wir als Bloque Metro, auch wenn wir im Augenblick eine Minderheit sind, widersetzen uns und werden uns wegen des Drogenhandels immer der Kontrolle der AUC widersetzen... .
    Wenn die Bedingung fuer die triumphale Rueckkehr von Ñato Berna nach Medellín die voellige Ausrottung derjenigen Jugendlichen ist, die den gemeinsamen Uebergriffen von Polizei und Cacique Nutibara Widerstand leisten, nun, dann soll er bleiben, wo er ist. Denn sie koennen unsere Jugendlichen aus ihren Haeusern zerren, sie ermorden, verschwinden lassen, einsperren, vertreiben, oder was immer sie noch mit ihnen machen wollen; aber ihre Widerstandskraft,gegen den Drogenhandel, verkoerpert in Ñato Berna und dem Bloque Cacique Nutibara, wird jeden Tag groesser.

    Die Allianz von Bloque Nutibara, Polizei, DAS und Staatsanwaltschaft stammt aus der Zeit post-Escobar. Ñato Berna hat sich immer damit gebruestet, dass diese Institutionen fuer ihn arbeiten; heutzutage, sagt er, zahlt er mehr als 1.000 Millionen Pesos monatlich als Gehälter, abgesehen von den Extras, die gezahlt werden muessen, wenn jemand von seinen Leuten erwischt wird.
    Wir wissen, dass alle gemeinsamen Aktionen gegen uns unfruchtbar waren, und jetzt bereiten sie sich vor und nutzen unsere Weigerung aus, mit der Regierung von Uribe zu verhandeln. Sie bemuehen sich sehr, planen gut und zahlen hoehere oekonomische Anreize als bei der Operation Orión sowie Belohnungen in Dollar als Bestechungsgelder fuer Polizisten, wenn sie uns verhaften oder ermorden.

    Die momentane Operation Orión II hat das prinzipielle Ziel, den Bloque Metro in Medellín auszurotten. Aber schon im vorhinein sagen wir ihnen, dass wir bleiben werden, auch wenn sie uns vertreiben sollten, denn wir sind nicht nur ein Territorium, sondern eine Macht von Ideen, die den Frieden, den Fortschritt und Entwicklung suchen, und die gegen Korruption, Drogenhandel und terroristische Gewalt steht. Wir wissen um die 25 Millionen Pesos, die General Gallego monatlich erhaelt und all die Extras, die ihm gezahlt werden und die er auf auslaendischen Konten versteckt, wir alle kennen diese Korruption, die in der Polizei von Medellín fast allgemein verbreitet ist. Es gibt zwar auch mutige unter ihnen, aber alle wissen, dass sie entweder die Monatszahlung annehmen muessen oder Gefahr laufen, von den Leuten von Ñato Berna ermordet zu werden. Wie im Fall des Mayor Rodríguez vom Anti-Terror-Kommando, der mit seinem Fahrer erschossen wurde, weil er mit den Irregularitaeten nicht einverstanden war, die er im Zusammenhang mit der beruechtigen Bande von Ñato Berna vorfand. Ganz zu schweigen davon, dass die Polizei-Direktion eine Sondereinheit fuer die Nachforschung schickte, und dem Geld, das Ñato Berna dieser Sondereinheit dafuer zahlte, dass sie beide Augen zudrueckte…

    Leider sind wir als Antioqueños fuer dies alles verantwortlich, denn wir haben geschwiegen. Erst wenn wir das Leben der Unsrigen bedroht sehen, einerseits durch den bewaffneten Drogenhandel, andrerseits durch korrupte Polizisten, wagen wir es anzuklagen. Diese Kombination aus Wirtschaftsmacht und Militaer und die Entschlossenheit, diese Macht ohne moralische Bedenken einzusetzen, ruft in der Bevoelkerung Panik hervor. Wenn wir als bewaffnete Organisation die Konsequenzen dieser Anklagen abwaegen muessen, um wieviel schwerer muss dies erst einem normalen Buerger oder einfachen Beamten fallen, wie z.B. einem Polizisten oder Soldaten. Manchmal ist es verstaendlich, dass viele schweigen oder nicht wissen wollen….

    Auf irgendeine Art muessen wir diese Kombination aufbrechen; wir muessen an die Institutionen glauben, an die Demokratie. Es ist nicht wichtig, dass es korrupte Beamte gibt; sie muessen angezeigt werden. Die Buergerschaft muss mobilisiert werden. Es ist unvorstellbar, dass der Bloque Nutibara in die Barrios eindringt und ihre Bewohner dem Terror von Uebergriffen, Hausdurchsuchungen, Morden, Entfuehrungen und Verschwindenlassen unterwirft. Immer nach Beendigung einer Polizei-Operation und in Sektoren in der Naehe einer Polizeistation, z.B. San Blas in der Comuna nororiental, wo sich permanent 350 Polizisten aufhalten.
    Die Bevoelkerung ruft an, um diese Uebergriffe anzuzeigen, aber die Polizei kommt erst nach anderthalb Stunden, wenn die Mitglieder des Cacique Nutibara sich zurueckgezogen haben.

    Wir wissen, dass ein paar korrupte Polizisten und Ñato Berna und seine Verbuendeten uns aus der Stadt vertreiben wollen und dass sie die zweite Phase der Operation Orión gegen uns vorbereiten und dass sie um Verstaerkung mit Sondereinheiten zur Stadtguerrilla-Bekaempfung gebeten haben. Aber wir sind nicht die Guerrilla, wir werden nicht die Zivilbevoelkerung in ein Gefecht verwickeln.
    Aber wir erinnnern den General Gallego daran, dass dies transparent sein muss und dass er nicht weiterhin Territorium angeblich fuer den Staat zurueckerobern soll, um sie dann der Drogenmafia zu verkaufen. Trotz des Respektes, den er als Person verdient, sind wir davon ueberzeugt, dass dies die Realitaet ist. Wir befinden uns im Krieg und sind nicht die Geeigneten, um diese Art von Anklagen zu fuehren. Aber da die Buergerschaft Angst hat anzuklagen, muessen wir es tun.
    Wir sind auch nicht Ñato Berna, dem es egal ist, wenn seine Leute sterben. Uns bedeuten unsere Jugendlichen etwas und es tut uns weh, umso mehr, wenn sie von Polizisten in Zivil ermordet werden oder von uniformierter Polizisten. Wir haben nichts gegen die Polizei als Institution, uns schmerzen die Morde an Polizisten und wir bedauern es sehr, wenn es zu Opfern aus ihren Reihen waehrend ungluecklicher Operationen gegen uns kommt.

    Manchmal scheint sich die Geschichte zu wiederholen, es aendern sich nur die Personen und die Umstaende.
    Es ist undiskutierbar, dass Ñato Berna geschickt ist, hartnaeckig und intelligent. Das hat ihn dazu gebracht, vom Milizionaer einer Dissidenz des EPL im Norden des Valle, wo seine Genossen ihn umzubringen versuchten, nach Medellín zu fluechten. Dort gewann er in Itagui das Vertrauen von Fernando Galeano, indem er Autos in einer Tankstelle wusch. Die Chance seines Lebens jedoch gab ihm Pablo Escobar, als er seine Chefs im Gefaengnis La Catedral erschoss und er so seine Kaltbluetigkeit zeigen konnte, bis er zum legitimen Nachfolger Escobars aufstieg.
    Heute ist er einer der reichsten und maechtigsten Maenner des Landes, mit Tausenden von Hektar bester Erde in Haciendas in Córdoba, Antioquia und Valle del Cauca, mit einer Luftflotte und Hubschraubern, einem professionellen Fussballteam, den besten Einkaufszentren Medellíns, Gebaeuden, Apartements und Baugrundstuecken sowie einer Modelakademie, in der er seine Begleiterinnen aussucht. Ebenso besitzt er Befehlsgewalt und Kontrolle ueber einen Grossteil der AUC, deren dritter Befehlshaber er ist, nach seinen Aussagen einer Armee von 4.000 Gangstern in den Strassen von Medellín. Von hier kontrolliert er einen Grossteil des Drogenhandels und der Lieferrouten ins Ausland. All das waere nicht moeglich ohne die hochrangigen Beziehungen, die er mit Politikern, Polizisten und Militaers unterhaelt….

    FRENTE URBANO RAFAEL URIBE URIBE
    BLOQUE METRO